Aus den anfänglich beinahe schon eskapistisch-therapeutisch angelegten Sessions kristallisierte sich bald schon eine Serie und ein für ihn in dieser Form nie da gewesener Personalstil heraus. Überwiegend mit Spachtel und Schablonen arbeitend, legt Kempka unzählige Schichten Acryl übereinander und lässt die Farben ihrer eigenen Natur folgen. Er selbst ist lediglich der Mediator einer Farbenwelt, der ihre eigenen Gesetze innewohnen.
Doch neben dem stilistischen Aspekt formierte sich auch eine motivisch orientierte Serie: Portale. Während dem Rezipienten die Wirkung, die Intention und das Narrativ der Serie nicht oktroyiert werden soll, folgt diese Serie einer Idee, die ihr zugrunde liegt. Im Zentrum der Serie steht stets ein Fenster in eine andere Welt. Man kann die gewaltigen, pastosen Kreise als Augen oder Sonnen verstehen. In sich farblich immer abwechselnder Motivik erscheinen diese Kreise zunehmend mächtiger und dominanter. Ihnen gegenüber gestellt sind die Strecken, lange, stoisch gerade gezogene Linien die dem magnetischen Sog der Portale eine Vermittlung bieten. Die Elemente sind die Akteure in diesem Sog. Ziellos tauchen die Quadrate unvermittelt auf, blitzen über den bis zu 30 Schichten kaleidoskopischer Farbspiele dem Betrachter ins Auge.
Ein farblich zentrales Element der Serie Portale das Gold, oder besser gesagt: Der Weg des Goldes. Die Menschheit war seit jeher von diesem weichen Edelmetall und der vermeintlich ältesten Währung des Globus besessen. Ob es nun der westafrikanische König Mansa Musa war, der auf seiner Pilgerreise derart viel davon verschenkte, dass er auf seiner Rückreise eine dramatische Inflation dieses Guts erlebte, oder der spanische Eroberer Hernán Cortez, der im Auftrag der Krone das Aztekenreich zu Fall brachte und unvorstellbare Quantitäten in den alten Kontinent exportieren ließ. Portale vermittelt Versuchung, manische Besessenheit, den Sog des Goldes und dessen Wirkung auf das gesamte Weltgeschehen, aber auch auf die menschliche Psyche. Genannte Wirkung ist allerdings in ihrer Hermeneutik von jeglicher Schlagseite oder Charakteristik befreit. Hier setzt die Interpretationsfreiheit des Rezipienten an.
Sehnsucht kann ein Individuum selbst betreffen, oder eben Grundlage blutiger Konflikte sein. Die Wege (i.e. Strecken) sind in beiden Szenarien gleichbedeutend existent. Die chaotisch-richtungslosen Elemente erhalten ein Angebot, eine Richtung und nicht zuletzt einen Zweck. All dies geschieht nicht ohne Belohnung. Am Schluss der Reise erwartet jedes Element die maximale Vergoldung, die Transzendenz in eine andere Welt in der sämtliche Strukturen aufgelöst sind.
— Thilo Hornschild